Knödel, Kraut und Krustebraten

Es dampft, es brodelt, kocht und brät – wer schon einmal einen mittelalterlichen Markt besucht hat, selbst dem Lagerleben frönt oder gar historisch vollgerüstet, vollversiert und vollgewandet ist, weiß, wovon ich spreche. Es geht nicht um einen Dampfgarer – nein, wir lieben es, wenn das Sauenfett trieft, das Kraut braun wird und die Kartoffel….. halt…..… wenn die Knödel aneinander kleben. Wenn du dich fragst, was ich gegen Kartoffeln habe, solltest du unbedingt weiter lesen.

Küche, Kräuter, Zauberey soll Einblick ins kulinarische und handwerkliche Mittelalter gewähren.

Viel Freude beim metaphorischen Eintauchen in Kochtopf, Bratenfett und die Vergangenheit mit einem Leben ohne Punkte, Sterne, Druckknopf und künstliche Aromastoffe

Magistra furiosa

Weißgerben - eine alte, aber lernbare Kunst des Werterhalts


Der Mecklenburger Weißgerber


Altes Handwerk wie das Weißgerben begegnet einem heuer kaum noch im Alltag. Kaum jemanden kann man danach fragen. Umso wichtiger, diese Kenntnisse am Leben zu erhalten – weswegen ich besonders dankbar bin, dass ich bei Frank Petersen aus Dadow Einblick in diese alte Kunst der Werterhaltung gewinnen konnte. Frank traf ich auf dem Biosphärenmarkt in Zarrentin am Schaalsee, wo er jeden ersten Sonntag im Monat gemeinsam mit seiner Frau orientalische Fladen (eigentlich ist er Islamwissenschaftler), hausgemachte Seifen und eben wohlriechende, weiche Felle verkauft. Mein Interesse war geweckt, wurde doch im Selbstversorgerforum bei Facebook (spannende Webseite hierzu: www.die-selbstversorger.de) darüber geklagt, wie bedauerlich es sei, Felle stets vernichten zu müssen, weil das Gerben so teuer ist....

Gerbenlassen ist teuer - also: Selbermachen!

Eigentlich ist das Weißgerben heutzutage die klassische Umsetzung des Gedankens, aus Müll Geld (oder wenigstens Werte) zu machen, denn die meisten Felle, die so anfallen, werden als Abfall entsorgt oder – dann läuft es schon gut in der Werterhaltung – als Dünger im Feld- oder Gartenbau vergraben.
Frank hatte hierzu Felle und Leder in unterschiedlichsten pathologischen Stadien vorbereitet, um alle Schritte der Kunst des Weißgerbens üben zu können.

Und was dann kam, war wirklich das, was man auf dem harten Weg vom Müll zum Gewinn erwartet:

  • stinkende Tierhäute (Reh, Nutria, Marder) – leider statt 12 Stunden schon ganze 48 eingeweicht und entsprechend müffelnd
  • echte Handarbeit ( = Wertarbeit!)
  • ein stolz machendes Resultat

 14 Tage und 11 Schritte: Weißgerben für Anfänger


Das Ganze wurde dann in nachfolgenden elf Schritten verarbeitet:

-         Die Häute werden (wurden in dem Fall) vorbereitend so frisch wie möglich (!) gewässert. Die Hautschichhten quellen auf und lösen sich so von der Schwarte (erster Tag)
-         Anschließend (und das ist eigentlich der ekligste Teil) werden sie auf dem Gerberbaum entfleischt – dies geschieht mittels eines Ziehmessers und sehr sorgfältig, denn jeder noch für Bakterien lukrative Geweberest kann einem die Gare, also die Gerbbrühe, versauen.




-         Um zu sehen, wie gelungen das Werk ist, wird das Fell gespült und gewaschen, was jetzt mit einer sanften Lauge geschehen kann (Neutralseife)
-         Anschließend setzte man die Gare an. In diese, bestehend aus Wasser, Kaliumaluminiumsulfat (Alaun) und Natriumchloridd Kochsalz, werden die Felle dann bedeckt gelegt. Durch de hohen Mineralgehalt diffundiert das Salz in die Zellen, die wiederum platzen und das organische Wasser vollends ausscheiden. Außerdem zerlegt die Gare die Proteine in der Haut, was sowohl deren Stabilität als auch ihren Nahrungswert negativ beeinflusst. Sprich: das Ganze gammelt nicht mehr und wird bei entsprechender Bearbeitung weich. (10 Tage)
 



-         Nach zehn Tagen wird das Fell mitsamt Leder aus der Gare gehoben und gespült, bis möglichst keine Salzkristalle mehr vorhanden sind.
-         Dann trocknet das Fell etwa ein bis zwei Tage.
-         In noch ausreichend feuchtem Zustand wird es mit Fett eingerieben – auf der Lederseite. Hierzu eignen sich Glyzerin, aber auch pflanzlich Fette. Der Trockenprozess geht weiter, bis das Leder beginnt, hart zu werden, aber noch Flexibilität besitzt. (zwei Tage)
-         Jetzt kommt am letzten Tag der eigentlich aufwändige Arbeitsschritt, das Stollen und Strecken. Hierzu wird das Präparat mit der Lederseite nach unten auf einem sogenannten Stollmond, einer ausgedienten und fixierten Axt oder einer stumpfen Sense engwinklig hin und her gezogen, was das Leder wieder weich werden lässt, weil die physikalische Einwirkung die in der Haut befindlichen Eiweiße, die Kollagene, aufbricht. So entsteht eine neue Textur des Leders – es wird weich und geschmeidig und bleibt dennoch haltbar und stabil.
-         Nach dem Stollen wird das Leder mittels eines Schleifsteins oder eines Schwing- oder Excenterschleifers geschliffen,

-         die Kanten werden beschnitten und abschließend wird das Fell nochmals
-         gekämmt und gesäubert.

Und dann hat man, nach etwa insgesamt drei Arbeitsstunden für ein mittelgroßes Ziegenfell und 14 Tagen ein natürlich gegerbtes, absolut einmaliges und im Grunde unbezahlbares Fellchen – das man naürlich nach Belieben weiterverarbeiten kann.

Das macht dann aber der Kürschner!

Kurse buchen kann man bei Frank übrigens am besten per Mail: dadow@outlook.de

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